Werkstoffe

Borcarbid

Der schwarze Diamant

Borcarbid (B₄C) gilt aufgrund seiner Eigenschaften als äußerst harter und verschleißfester technischer Keramik-Werkstoff. Deswegen ist er prädestiniert für die Bearbeitung hochharter Materialien – sei es in Pulver- oder Pastenform als Schleif- oder Läppmittel, oder gesintert als Strahldüse. Borcarbid-Produkte zeichnen sich durch minimalen Verschleiß und außergewöhnlich lange Standzeiten bei niedrigen Kosten aus. Daneben finden sich leichte Borcarbid-Verbundstrukturen zum ballistischen Schutz in moderner militärischer Ausrüstung. Zudem dient das Allround-Material als Füllstoff, z.B. zur Erhöhung der Verschleißbeständigkeit in Metallen oder Kunststoffen, als Hochtemperatur-Halbleiter sowie als Neutronenabsorber in kerntechnischen Anlagen.

Borcarbid als Schleif- und Läppmittel

Die Industrie benötigt heutzutage zur Oberflächennachbearbeitung - etwa von Hartmetallen oder festen Keramiken - effiziente, hochbelastbare Bearbeitungsmaterialien, die mehrere Anforderungen wie Standzeit, Qualität und Kosteneffizienz miteinander vereinen.

Fähigkeiten des Werkstoffes Borcarbid

Borcarbid gehört zu den härtesten technischen Materialien überhaupt (Härte rund 30.000 N/mm²) – nur Diamant und kubisches Bornitrid sind härter. Daher ist Borcarbid in Form von Pulver und Pasten optimal geeignet als Schleif- und Läppmittel mit hoher Abtragsleistung für die Bearbeitung von superharten Werkstoffen.

Einsatzfelder von Borcarbid als Schleif- und Läppmittel

  • Borcarbid-Pulver und -Pasten ermöglichen die problemlose Oberflächenbearbeitung von verschleißfesten Hartmetallen, NE-Metallen, Titan sowie Mineralien, Keramiken und von harten Kunststoffen wie PTFE. Aufgrund der extremen Härte ist das Material auch bestens geeignet zum Besatz von Drahtsägen, die zum Trennen von oxidischen bzw. nichtoxidischen Keramiken und sogar Saphiren zum Einsatz kommen.
  • Darüber hinaus eignet sich Borcarbid als Schneidstoff in der Werkzeugbearbeitung, z.B. für Bohrungen von spröden und harten Materialien.
  • Borcarbid-Pasten sind marktgängig und werden vielfältig eingesetzt:
    • zum Läppen von Maschinenbauteilen
    • zum Bearbeiten von Werkzeugen, Ziehsteinen, Drahtführungen und Matrizen aller Art
    • zur Oberflächenbearbeitung von Zylinderbuchsen und Laufflächen, Ventilen, Ventilsitzen und Einspritzpumpen
    • für die Bearbeitung von Schnitt- und Stanzwerkzeugen, Fräsern, Reibahlen, Lehren, optischen Linsen, Keramiken, synthetischen und natürlichen Edelsteinen

Wasserlösliche Borcarbid-Pasten mit Polyalkoholen lassen sich bis zu Temperaturen von max. 200 °C anwenden. Pasten aus Borcarbid auf Ölbasis (Rostschutz) sind sogar für Anwendungstemperaturen bis maximal 350 °C geeignet.

Tipp: Bei Bedarf können Petroleum und Öl als Verdünner verwendet werden. Zur Reinigung bearbeiteter Bauteile empfiehlt sich der Gebrauch von Petroleum oder Waschbenzin.

Vorteile von Borcarbid-Pasten

  • Die enge Kornraffung erzielt eine hohe Oberflächengüte
  • Hohe Abtragsleistungen sorgen für eine kurze Bearbeitungszeit
  • Selbst bei hohen Temperaturen gleichmäßiger Schliff

Borcarbid für keramische Strahldüsen

Das Strahlen mit abrasiven, außergewöhnlich harten Strahlmitteln erfordert äußerst widerstandsfähige Strahldüsen: etwa zum Entgraten, Entfernen von Verunreinigungen oder für die Oberflächenbearbeitung. Entscheidend ist eine hohe Lebensdauer bei gleichzeitig geringen Materialkosten.

Fähigkeiten des Werkstoffes Borcarbid

Borcarbid ist eines der härtesten technischen Materialien mit einer außergewöhnlichen Abriebfestigkeit. Dies prädestiniert das Material in gesinterter Form für Strahldüsen mit einer gleichmäßigen Strahlleistung, einem minimalen Verschleiß und außergewöhnlich langen Standzeiten selbst bei extrem harten, abrasiven Strahlmitteln wie Sand, Korund und Siliciumcarbid.

Materialvergleich basierend auf den relativen Kosten pro Strahlzeit

Stahldüsen aus:

Borcarbid

0,9

Hartmetall / KO3

1,8

Siliciumcarbid

2,1

Siliciumnitrid

2,2

Aluminiumoxid

2,8

Typische Anwendungsfelder von Borcarbid-Strahldüsen

  • Entgraten von Formteilen
  • Kugelstrahlen (Reinigung im Bauwesen, Gravur in der Glasindustrie, Modellierung in der Dentalindustrie)
  • Vorbereiten von Oberflächen für Beschichtungen oder Bonding
  • Entfernen von Verunreinigungen
  • Endbearbeitung mattierter Oberflächen
  • Dental- und Feinstrahldüsen für das Reinigen und Modellieren von z. B. Zahnersatzkonstruktionen oder das Mattieren bzw. Gravieren von Glas

Borcarbid-Keramik als ballistisches Schutzmaterial

Bei moderner militärischer Ausrüstung mit gutem hartballistischem Schutzmaterial kommt es auf eine hohe Härte, hohe Druckfestigkeiten und einen hohen Elastizitätsmodul bei geringem Gewicht an. Borcarbid ist hier allen alternativen Materialien überlegen. Denn im Vergleich zu Panzerstahl oder Aluminiumoxid wird der gleiche ballistische Schutz mit einem deutlich geringeren Gewicht erreicht. Besonders hohe Schutzgrade werden bei Borcarbid in Verbindung mit einer hochwertigen Verbundträgerstruktur aus Polyethylen-basierten Fasern wie Spectra Shield oder Dyneema, sowie Aramidfasern wie Kevlar und Twaron erreicht.

Flächengewichte für ballistischen Schutz nach Materialart

Borcarbid-Verbundsysteme (SK4)

< 30 kg/m2

Siliciumcarbid (SK4)

36 kg/m2

Aluminiumoxid (SK4)

42 kg/m2

Anwendungsfelder von Borcarbid-Keramik für ballistischen Schutz

  • Für den leichtgewichtigen ballistischen Körperschutz kommen im Front- und Rückenbereich entweder:
    • passformgerechte monolithische Borcarbid-Platten oder
    • heißgepresste Borcarbid-Platten zusammen mit leistungsfähigen Verbundträgerstrukturen (Backing) zum Einsatz.
  • Borcarbid bietet hier einen hervorragenden ballistischen Schutz bei gleichzeitig verringertem Gewicht.
  • Ballistischer Fahrzeugschutz: Militärfahrzeuge benötigen Schutz gegen eine Vielzahl von Bedrohungen durch ballistische Geschosse und Splitter, angefangen von Handfeuerwaffen über Waffen mittleren und großen Kalibers bis hin zu Minen, Sprengfallen, IED (Improvised Explosive Devices), EFPs (Explosively Formed Penetrator) und RPG (Rocket Propelled Grenade). Hierzu werden Fahrzeugpanzerungen aus leichten Borcarbid-Verbundstrukturen in Form von Platten, Hexagons oder Zylindern/Pellets verwendet. Diese verbessern auch den Unterbodenschutz gegen Explosionen.
  • Auf ein signifikant geringes Gewicht bei höchstem Schutz gegen ballistische Geschosse kommt es besonders bei Luftfahrzeugen wie Hubschraubern und Flugzeugen an. Im Einsatz sind hier z. B. maßgeschneiderte Keramikpaneele aus Borcarbid oder auch heißgepresste Borcarbid-Platten für Pilotensitze in Hubschraubern.

Sonstige Einsatz- und Anwendungsgebiete von Borcarbid

  • Borcarbid-Pulver ist ein Ausgangsstoff zum Sintern und Heißpressen bei der Herstellung von Borcarbid-Sinterteilen. In dieser Form findet es sich unter anderem in Abricht- und Schleifsteinen sowie als Auskleidung für Kugelmühlen und Mörser. Borcarbid-Pulver wird auch als Sinterzusatzstoff für SiC-Hochleistungskeramik verwendet.
  • Aufgrund seiner extremen Härte (9,6 Mohs) eignet sich Borcarbid bestens auch für Beschichtungsverfahren wie das Thermische Spritzen (mittels Anschmelzen, Zerstäuben und Aufspritzen), zwecks Verschleißschutz sowie auch zum Schweißen.
  • Borcarbid-Pulver weist normalerweise eine stetig hohe Reinheit auf, das angestrebte Bor-Kohlenstoff-Verhältnis von 4:1 wird fast exakt erreicht. Der hohe Boranteil von 80 Prozent macht das Material zu einer überaus preisgünstigen Bor-Quelle. So ist Borcarbid Ausgangsmaterial zur Erzeugung von Metallboriden oder Borhalogeniden (z. B. Bortrichlorid BCI3).
  • Borcarbid ist ein Hochtemperatur-p-Halbleiter. Das Material zeigt je nach Dotierung einen hohen elektrothermischen Widerstand und wird in Paarung mit Graphit als Thermoelement bis 2.300 Grad Celsius eingesetzt. Deswegen kommt es auch als Stromerzeuger zur direkten Umwandlung von thermischer in elektrische Energie in unbemannten Raumfahrzeugen in Betracht.
  • Borcarbid ist ein überaus effektiver Neutronenabsorber. Deswegen kommt es grundsätzlich auch als sogenannte „erste Wand“ in künftigen Fusionsreaktoren in Frage.

Herstellung von Borcarbid

Die Erzeugung von Borcarbid in seiner grobkristallinen Form erfolgt im Lichtbogenofen aus den Ausgangsstoffen Boroxid und Kohlenstoff bei Temperaturen über 2.400 °C. Die dabei entstehenden schwarzglänzenden groben Kristalle werden in den nachfolgenden Aufbereitungsschritten von dem unreagierten Material separiert, anschließend zerkleinert, klassiert und bis zur sub-µ-Größe aufgemahlen. Handelsüblich sind dabei Korngrößenbereiche zwischen 0,8 μm und 20 µm (für Sintertechnologie). Der 3M-Konzern ist aktuell einer der größte Borcarbid-Erzeuger der westlichen Hemisphäre.

Form & Eigenschaften

Borcarbid (B₄C) wird wegen seiner schwarz glänzenden Kristalle (Kristallstruktur rhomboedrisch) auch „schwarzer Diamant“ genannt. Die Nichtoxid-Keramik zeichnet sich durch besondere Härte und Verschleißfestigkeit (auch bei niedrigen Einsatztemperaturen) aus.

Extreme Härte

9,6 Mohs

Kristallstruktur

rhomboedrisch

Schmelzpunkt

2.350 °C

Spezifisches Gewicht

2,50 g/cm³

Borcarbid ist chemisch inert (beständig gegenüber heißer Salpetersäure und Fluorwasserstoff) und beinahe unlöslich in Wasser. Es wird erst ab einer Temperatur von über 1.000 °C durch Chlor oder Sauerstoff merklich angegriffen. Zudem ist B₄C elektrisch leitfähig, thermisch gut leitfähig und verfügt über eine ausgezeichnete Warmfestigkeit.

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